Das komplexe Zusammenspiel von Kollagen verstehen

24.04.2024

Debora Monego, PostDoc in der Gruppe Molekulare Biomechanik (MBM) am HITS, erhält ein Marie Skłodowska-Curie Actions Postdoctoral Fellowship (MSCA), eines der renommiertesten Stipendien für Postdocs in Europa. Sie setzt damit die Arbeit über das mechanisch-chemische Verhalten von Kollagen, dem wichtigsten Strukturprotein im menschlichen Körper, fort.

Debora Monego (links) und Frauke Gräter (Foto: HITS)

„Es ist eine große Ehre und ich freue mich sehr über das MSCA-Fellowship, insbesondere weil dieses Stipendium zum allerersten Mal ans HITS geht. Vor allem aber ist es eine besondere Anerkennung für mich als Frau in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, wo wir immer noch Hürden und Vorurteile überwinden müssen,“ sagt Debora Monego.

Die gebürtige Brasilianerin promovierte in Chemie an der University of Sydney, Australien. Nach einem Aufenthalt an der Columbia University in New York, USA, kam Debora Monego Anfang 2023 ans HITS. Das MSCA-Stipendium wird ihr helfen, ihre Forschung zu Kollagen in einem neuen Projekt weiterzuführen, in dem Kollagen als Modell zur detaillierten Bestimmung der Mechanochemie von Proteinen dient. Es hilft somit, Regeln für die Herstellung synthetischer kollagenähnliche Materialien mit bestimmter mechanischer Stabilität und Reaktion aufzustellen.

Potenzial für innovatives Material-Design

„Ich möchte in diesem Projekt das komplexe Zusammenspiel von Kollagen mit den unterschiedlichen Kräften aufdecken, denen dieses Protein im menschlichen Körper ausgesetzt ist,“ erklärt Debora. „Hierbei begeistert mich besonders das Potenzial, das in meinen Forschungsergebnissen liegt, zur Entwicklung neuer, wirksamer Materialien für die medizinische Versorgung.“

Ein zentraler Bestandteil dieser Forschung ist zu entschlüsseln, wie Kollagen sich im Laufe der Evolution hinsichtlich seiner Reaktion auf Kräfte angepasst hat, insbesondere im Zusammenhang mit Alterung und Krankheiten. Der interdisziplinäre Ansatz verbindet Bioinformatik, computergestützte Biophysik und Materialwissenschaft und will zeigen, wie die Evolution die Proteinabwehr gegen mechanische Beanspruchung prägt.

Kollagen: stabiles Gummiband und Radikalfänger

„Wir hatten bereits diese Vorstellung von Mechanoradikalen in Kollagen. Bisher haben wir uns allerdings nicht genauer damit beschäftigt, wie Kollagen durch die Evolution bis heute darauf vorbereitet wurde,“ sagt MBM-Gruppenleiterin Frauke Gräter, die Deboras Arbeit betreut. „Wie sind in dem 1000-Aminosäure-langen Protein all seine Funktionen kodiert? Vom elastischen Gummiband über das vernetzte Molekül bis hin zum Radikalfänger. Das ist die neue Betrachtungsweise, die Debora mit ihrer Arbeit einbringen wird. Essenziell ist dabei ihr Wissen aus der Chemie und Materialwissenschaften, mit dem sie auf das biologische System schaut.“

Debora fügt hinzu: „Ich glaube ich habe mit meinem wissenschaftlichen Hintergrund eine besondere Sichtweise darauf, wie sich Kollagen strukturell und chemisch in unserem Körper verhält. Fraukes Erfahrung und ihr Engagement für die Nutzung von Hochleistungsrechnern für die biomechanische Forschung waren der Grund, weshalb ich vor einigen Jahren mit ihr Kontakt aufgenommen und den Grundstein für genau dieses Projekt gelegt habe. Sie als Mentorin und Vorbild an meiner Seite zu haben, hat mir außerdem geholfen, meinen eigenen Weg in diesem Bereich zu finden.“

Eine der prestigeträchtigsten Auszeichnungen für PostDocs

Mit einer Erfolgsrate von 15,8 % ist das MSCA-Fellowship eine der prestigeträchtigsten Auszeichnungen für PostDocs und das Flaggschiffprojekt der EU für die Mobilität und Ausbildung von Forschern. Das MSCA unterstützt exzellente Forschung und Innovation sowie persönliche Entwicklung. Gleichzeitig fördert es den Wissensaustausch und öffentliches Engagement und legt einen starken Schwerpunkt auf die Karriereentwicklung. MSCA-Postdoktorandenstipendien stehen exzellenten Forscher*innen aller Nationalitäten offen. Mehr über das MSCA-Programm hier.

Über das HITS

Das HITS (Heidelberger Institut für Theoretische Studien) wurde 2010 von dem Physiker und SAP-Mitbegründer Klaus Tschira (1940-2015) und der Klaus Tschira Stiftung als privates, gemeinnütziges Forschungsinstitut gegründet. Es betreibt Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Informatik. Zu den Hauptforschungsrichtungen zählen komplexe Simulationen auf verschiedenen Skalen, Datenwissenschaft und -analyse sowie die Entwicklung rechnergestützter Tools für die Forschung. Die Anwendungsfelder reichen von der Molekularbiologie bis zur Astrophysik. Ein wesentliches Merkmal des Instituts ist die Interdisziplinarität, die in zahlreichen gruppen- und disziplinübergreifenden Projekten umgesetzt wird. Die Grundfinanzierung des HITS wird von der Klaus Tschira Stiftung bereitgestellt.

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